Der Mensch überschätzt sich schon gerne. Da denkt man als Kind, Tarzan wäre ein Witz, will von einem kleinen Kirschbaumen springen und bricht sich das Bein. Als Erwachsener hat man sich dann über die Jahre ein paar Pfunde angefuttert, die jetzt auf der Stelle und Schnelle runter sollen, da wird die Bewegung hochgeschraubt, die paar Kilo sollten ja kein Problem sein.
Da es Kalorienrechner aller Arten gibt, Apps, Armbänder, Tabellen, ist fast jeder ein Experte. Da bewegt man sich endlich, hat diese Woche theoretisch 7000 Kalorien zusätzlich verbrannt, aber auf der Waage tut sich nichts, nada, niente. Irgendwas stimmt da nicht. Mein Ansatz ist ernüchternd:
Bewegung wird überschätzt.
Damit meine ich nicht, dass man sich die Bewegung schenken könnte, vielmehr, dass man denkt es ist anstrengeder als es tatsächlich ist. Die berechneten Kalorienverbräuche sollten mit Vorsicht genossen werden. Wenn man seinen Freunden auf dem Trimm-Dich-Pfad zuguckt und dabei nur rumsteht, ist das keine dauerhafte Bewegung. Wenn man beim Joggen und Radfahren alle 10 Minuten an einer roten Ampel halt macht, ist es auch keine.
Man hat nicht nur Zeit zum Verschnaufen, man tut auch einfach gar nichts. Dass man defacto eine Stunde aus dem Haus war, heißt also nicht, dass diese 60 Minuten auch verrechnet werden dürfen.
Auch im Fitnessstudio ist der Aufenthalt nicht der Anstrengung gleichzusetzen. Nur weil man dort den Vormittag verbringt, ist diese Dauer nicht ausschließlich Bewegung. Ein Schwatz mit der Dame an der Rezeption, Trinkpausen, Abtrockenpausen, Gerätewechsel sind nicht anstrengend, daher kein Sport.
Kalorienverbrauchsrechner sollten skeptisch betrachtet und benutzt werden. Wer sich hier belügt, schadet nur einem… sich selbst. Wer sich nicht sicher ist, nimmt die Hälfte vom Wert. Dem Rechner ist egal, ob du nach 3 Jahren noch übergewichtig bist, weil du bei deinen Minutenangaben schummelst.
Bei klassischen Schrittzählern muss beachtet werden, dass man eine realistische Schrittlänge wählt, nur weil man die Beine einen Meter spreizen kann, heißt das nicht, dass die Schritte auch so lang sind. Es ist zwar richtig uncool, Gebrauchsanweisungen zu lesen, in diesen Fällen ist es aber nicht nur von Vorteil, es ist notwendig, wer wichtige Angaben in seinem Zähler oder seiner App auslässt, bekommt Daten zurück, die für einen anderen Körperbau, einen anderen Menschen bestimmt sind. Diese Werte sind dann meistens sehr hoch angesetzt, damit der Kalorienrechner überzeugend wirkt und überhaupt gekauft wird.
Auch Gewichtsangaben müssen ständig aktualisiert werden. Wer tatsächlich abnimmt (Glückwunsch!) verbraucht mit weniger Körpergewicht auch weniger Kalorien, daher sollten diese persönlichen Angaben auch aktuell gehalten werden. Wachsen wird ja von uns niemand mehr, das Gewicht sinkt also.
Damit du dir trotz der anstrengeden Bewegung keine zusätzlichen Kilo auf die Hüfte isst, stell dir also vor der nächsten Verbrauchsberechnung kritische Fragen:
Warst du wirklich eine Stunde unterwegs oder doch 53 Minuten? War deine Geschwindigkeit wirklich schnell oder doch mittel? Hast du 10 Verschnaufpausen eingelegt oder war es durchgängig? Wiegst du überhaupt noch so viel oder war das vor 3 Monaten und mit Alltagskleidung? Warst du walken oder spazieren mit Stocken? Waren es richtige Liegestütze oder hast du dich auf den Knie abgestützt?